Die folgende Aufgabe wurde auf dem Matheplaneten ohne nähere Quellenangabe gestellt
und nur zum geringen Teil gelöst:
Ein Professor entnimmt seiner Tasche, die nur weiße und schwarze Kugeln enthält, ohne hinzusehen, fünf Kugeln. Sie sind alle weiß. Er sagt: "Die Wahrscheinlichkeit hierfür beträgt 50 Prozent." und fragt: "Wie viele weiße und schwarze Kugeln sind insgesamt in der Tasche, wobei diese beliebig groß angenommen werden darf?"
Lösungsversuch
Das bei dieser Aufgabe anzuwendende Verfahren heißt in der Wahrscheinlichkeitsrechnung "zufälliges Herausnehmen ohne Zurücklegen."
Wenn es n Kugeln insgesamt gibt, davon w weiße (und s=n-w schwarze), lautet der Lösungsansatz:
Anders geschrieben, lautet die Gl.:
Das ist eine diophantische1 Gleichung 5. Grades, für die es kein allgemeines Lösungsverfahren gibt, so dass man auf Raten angewiesen ist.
Falls (1) überhaupt natürliche Zahlen als Lösungen hat, könnte es sein, dass n und w sehr hoch sind; hierauf deutet die Bemerkung des Professors über die Größe seiner Tasche hin.
Im Gegensatz dazu beginne ich mit kleinen Zahlen und nehme zuerst versuchsweise an, dass sich unter den n Kugeln in der Tasche nur eine schwarze befindet, s=1, d. h. n=w+1, dann lautet Gl. (1):
was nach Kürzen
und damit w=9 ergibt. Eine schwarze Kugel, neun weiße, insgesamt zehn Kugeln in des Professors Tasche ist also eine Lösung der Aufgabe. Sie steht auch auf dem MP.
Um weiter zu untersuchen, ob es noch mehr Lösungen gibt, nehme ich als nächstes an, es gäbe zwei schwarze Kugeln; dann folgt mit n=w+2 aus (1):
Nach dem Kürzen ergibt sich die quadratische Gleichung w2-17w+22=0. Sie wird von keiner natürlichen Zahl w erfüllt, so dass die Möglichkeit zweier schwarzer Kugeln ausscheidet.
Die Annahme, dass unter den n Kugeln drei schwarze sind, führt auf eine kubische Gleichung, die ebenfalls keine natürliche Zahl als Lösung hat; ebenso ist es mit s=4, was auf eine Gleichung 4. Grades führt. Je größer s gewählt wird, umso geringer sind die Möglichkeiten zum Kürzen. Ab s=5 besteht gar keine mehr; übrig bleibt eine Gl. 5. Grades für w :
die ebenfalls keine natürliche Lösung hat.
Anders geht es weiter wie folgt:
Der Zähler der linken Seite von Gl. (1) ist Bestandteil des Produkts
Weil der Tasche fünf Kugeln entnommen werden, sind nur die Binomialkoeffizienten in jeder Zeile an 5. Position
von Interesse und hellblau unterlegt. (Der linke Rand mit den Einsen ist auf der Position 0, und die 1 an der Spitze ist die
0. Zeile.)
Die dunkelblau eingerahmten Zahlen 252 und 126 sind die Binomialkoeffzienten
d. h. es ist n=10, w=9 , wie wir es schon hatten.
Ob der bläuliche Streifen noch irgendwo weitere Paare von Zahlen enthält, von denen die größere doppelt so groß ist wie die kleinere, ist ungewiss.
Zwei auf ihm liegende, nicht mehr angezeigte Zahlen in den Zeilen 29 und 33 sind die Binomialkoeffizienten bin(29,5)=118755 und bin(33,5)=237336 (andere, für den Fließtext besser geeignete, ebenfalls übliche Schreibweise). Dividiert man den ersten durch den zweiten, ergibt sich ungefähr 0,50037. Das heißt, wenn der Professor anstatt neun weiße und eine schwarze Kugel 29 weiße und 4 schwarze, insgesamt 33 Kugeln in seiner Tasche hätte, wäre die Wahrscheinlichkeit für das zufällige Ziehen von fünf weißen Kugeln (ohne Zurücklegen) ca. 50,04 statt 50 Prozent.
Diese Näherungslösung der Gl. (1) und die ihm folgenden drei Beispiele,3:
zeigen, dass man bei geeigneter Gesamtzahl und farblicher Aufteilung der Kugeln den von dem Professor genannten 50 Prozent sehr nahe kommen kann, und zwar um so besser, je mehr Kugeln man hat. Das lässt vermuten, dass sich genau 50% ergeben, wenn die Anzahl der Kugeln unendlich groß wird.
Etwas umgeschrieben sieht die linke Seite von Gl. (1) so aus:
Lässt man darin n und w gegen Unendlich gehen (wobei wegen n=w+s stets w<n bleibt), geht sie gegen (w/n)5.
Wäre das gleich 0,5, müsste
sein. Das aber ist nicht möglich, denn links steht eine rationale und rechts eine irrationale Zahl. Die obige Vermutung ist falsch, und man könnte mit unendlich vielen Kugeln die 50 Prozent nicht nochmals erhalten. Die Ursprungsfrage, ob das mit endlichen Anzahlen n,w außer n=10, w=9 gelingt, wird dadurch nicht beantwortet.
Die Antwort findet man bei Wofram Alpha. Dort wird Gl. (2) ohne Angabe des Rechenweges gelöst mit dem Ergebnis, dass das anfangs gefundene Lösungspaar das einzige ist.
(Anmerkung: da ich ohne W. A. die Aufgabe selbst nicht lösen kann, steht oben als Überschrift nur "Lösungsversuch".)
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1 nach dem antiken Mathematiker Diophantos. Näheres siehe z. B. hier:
http://de.wikipedia.org/wiki/Diophantische_Gleichung
2 Den linken spricht man so aus: "n über 5" oder (seltener) "5 aus n". Letzteres passt besser zu unserem Zweck,
da ja 5 Kugeln aus n Kugeln herausgenommen werden.
3 Rechnung
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