In Werder bei Potsdam steht auf einer Havelinsel eine schöne katholische Kirche mit dem poetisch klingenden Namen Maria Meeresstern. Weil mich seine Herkunft interessierte, schrieb ich an ihren Pfarrer, Herrn Propst Klaus-Günter Müller, und bat ihn um Auskunft. Er antwortete mir sehr ausführlich, zunächst über die Verehrung Marias allgemein:
"... Die Marienverehrung hat etwas mit der Tradition zu tun, die für die Katholische Kirche neben der Schrift eine Offenbarungsquelle darstellt. Vgl. Joh 16,12 ff (Noch vieles habe ich euch zu sagen, aber ihr könnt es jetzt noch nicht tragen … der Geist der Wahrheit wird euch in die ganze Wahrheit führen…)
Nicht zu leugnen ist: bevor es die Schrift gab, gab es die lebendige Tradition durch die Verkündigung der Apostel, denen Jesus Christus selbst Auftrag und Vollmacht dazu gab. Ihre Predigt wurde später aufgeschrieben, um diese Tradition zu bewahren. Was zum Kanon der Heiligen Schriften dazugehört und was nicht, wurde von der Kirche durch die Konzilien der Bischöfe festgelegt! Damit hat die Entwicklung jedoch nicht aufgehört. ...
Maria ist von ihrem Sohn nicht zu trennen. Wer dies dennoch tut, ist in Gefahr auch Christus zu verlieren.
Die Formen und die Intensität der Marienverehrung waren und sind in der fast 2000-jährigen Kirchengeschichte verschieden. In den Ostkirchen ist noch heute der 'Hymnus Akathistos' lebendig, eine Litanei mit Anrufungen und Lob der Gottesmutter. Dieser Hymnus ist auch die Quelle der so genannten 'Lauretanischen Litanei', die sich aus einem frühmittelalterlichen Hymnus (Paris, um 1200) entwickelte und 1587 nach dem Marienwallfahrtsort Loreto benannt wurde. Hier finden sich die Anrufungen: Maria Königin, aufgenommen in den Himmel; Maria Königin des Friedens; Maria Morgenstern."
Und näher an meine Frage nach der Bedeutung des Namens seiner Kirche herankommend, fuhr er fort:
"Wenn wir Maria preisen, rühmen wir das Heilshandeln Gottes, loben wir Gott, denn Jesus hat seine Mutter in den Himmel aufgenommen, er ist der Friede, den uns Maria geboren hat. Wie der Morgenstern das nahende Licht des neuen Tages ankündigt, hat Maria durch ihr Jawort bei der Verkündigung durch den Engel Christus, das Licht der Welt, empfangen und geboren.
Der Titel 'Maria Meeresstern' findet sich nicht in der Lauretanischen Litanei. Aber er ist sehr beliebt bei Kirchen, die am Wasser gebaut sind, so auch in Werder. Der Polarstern gab den Seeleuten vor der Erfindung des Kompasses Orientierung, den er steht gut sichtbar auf der Nordhalbkugel immer im Norden.
Auf Maria angewandt heißt dies: Maria führt uns immer zu Christus hin, an ihr können wir uns orientieren, wenn wir ihn finden wollen..."
Kirchen mit dem Namen "Maria Meeresstern" gibt es auf den Inseln Rügen und Borkum, in Schleswig-Holstein (Brunsbüttel) und vielleicht noch anderswo. Aber auch in der Musik spielt er eine Rolle. So vertonte Edvard Grieg aus dem 11. Jahrhundert stammende Verse eines anonym gebliebenen Autors, die mit den Worten beginnen: "Ave, maris stella, Dei mater alma" und auf deutsch lauten: "Sei gegrüßt, du Stern des Meeres, gütige Mutter Gottes".
Ergänzung 2:
In der Pfarrkirche von Alvor, Portugal, findet man eine Marienstatue mit einem Schiff:
Maria auf der Mondsichel
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