Nichtperiodische Parkettierungen und Kristalle

Als Parkettierung bezeichnet man die lückenlose Auslegung einer Fläche mit gerad- oder krummlinig begrenzten Figuren: Kacheln, Fliesen, Pflastersteinen - oder nur gezeichneten. Sind sie gleich geformt, gleich groß und außerdem regelmäßige Polygone, gibt es nur drei Möglichkeiten: Quadrate, Dreiecke und Sechsecke. Eine Parkettierung mit Fünfecken ist möglich; diese sind aber nicht regulär.[1]

Läßt man die Forderung nach Regelmäßigkeit fallen, kommen auch Rechtecke, ja beliebige Formen in Betracht. Die Beispiele [2a,b] für Parkette mit krummlinig begrenzten Figuren stammen neben vielen anderen von dem berühmtem niederländischen Grafiker M. C. Escher. Bei dem zweiten wird zugelassen, daß die verwendeten Fliesen umgedreht werden, so daß ihre Unterseite nach oben kommt. Das Parkett stellt einen Reiter zu Pferde dar, der sich mit seinem Spiegelbild periodisch wiederholt und mit ihm ohne Zwischenräume verzahnt ist.

Werden Fliesen unterschiedlicher Form oder Größe verwendet, gelingt die Parkettierung häufig nicht mehr. Dies ist nur dann der Fall, wenn sie in ihrer Art so gewählt wurden, daß sie zueinander passen. Häufig sind dabei mehrere Fliesensorten zugleich in Gebrauch. Sind die Teile einer jeden Sorte unter sich gleich groß, lautet eine Frage, mit wie wenig verschiedenen Fliesenarten man beim Parkettieren auskommt. Die Antwort ist: es genügen zwei unterschiedliche Arten. Ein einfaches Beispiel verwendet Achteck und Quadrat:



Aus den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts stammt das folgende Parkett von Roger Penrose:


Fig. 1.

Entnommen habe ich es der Internetseite [3] und mache im weiteren mehrfach davon Gebrauch. Das Penrose-Parkett besteht aus zwei Rauten, einer breiten mit einem 72-Grad-Winkel an den Spitzen und einer schmalen mit 36 Grad. Die Seiten der beiden Rauten sind gleich lang.

Das Besondere an ihm im Unterschied zu dem Achteck-Quadrat-Parkett und vielen anderen aus zwei Sorten untereinader gleicher Fliesen besteht darin, daß es nicht periodisch ist. Das bedeutet: bestimmte Details wiederholen sich zwar ständig, aber dies geschieht nicht nach einem leicht erkennbaren Schema.

Auffällig sind die vielen, scheinbar ungeordnet verteilten fünfzackigen Sterne:



Zumindest teilweise lassen sie sich zu rotationssymmetrischen Bereichen zusammenfassen oder werden von diesen umgeben:


Fig. 2

Die Fünfer-Rotationssymmetrie des Penrose-Parketts tritt auch bei dessen dreidimensionalen Analogon auf: bei den von Daniel Shechtman entdeckten Quasikristallen.

 Quelle: [4]

Lange waren Gegner Shechtmans der Ansicht, daß es unperiodische kristalline Substanzen nicht gibt. Sie verspotteten ihren Entdecker und grenzten ihn aus, bis er schließlich nach fast dreißig Jahren 2011 den wohlverdienten Nobelpreis für Chemie erhielt. [5],[6],[7]

Beim Verlegen von Penrose-Parketten in Höfen und Hausfußböden mag hilfreich sein, daß außer der in Fig. 2 angedeuteten Drehsymmetrie auch Achsensymmetrien bestehen. Dies läßt sich gut erkennen, wenn ein Ausschnitt von Fig. 1 um 90° gedreht wird:

(ursprünglich)
(gedreht)
 

Schräg verlaufende Symmetrieachsen gibt es ebenfalls:

 

In der letzten Figur deuten sich die beiden Rauten an, aus denen das Penrose-Parkett besteht.
(Bilder in der Art der letzten drei sah ich noch nirgends.)

Literatur:
[1]  www.mathematische-basteleien.de/parkett2.htm#Parkettierung%20mit%20F%C3%BCnfecken
[2a] http://www.mathe.tu-freiberg.de/~hebisch/cafe/mce/symm105.html
[2b] http://www.mathe.tu-freiberg.de/~hebisch/cafe/mce/symm67.html . Weiteres bei google,
        Suchwort: M. C. Escher.
[3]   http://tams-www.informatik.uni-hamburg.de/people/hendrich/penrose/penrose.html
[4] http://de.wikipedia.org/wiki/Quasikristall
[5]  http://www.tagesschau.de/ausland/chemienobelpreis104.html
[6] http://www.zeit.de/wissen/2011-10/shechtman-quasikristalle-nobelpreis
[7] http://youtu.be/EZRTzOMHQ4s (YouTube-Video mit dem Nobelpreisträger).

Hans-Jürgen

Re: Nichtperiodische Parkette und Kristalle
von
FlorianM am Sa. 03. Dezember 2011 12:41:20 http://www.mathestudium-tutor.de


Sehr schön! Danke! :)


Re: Nichtperiodische Parkette und Kristalle
von
Spock am Sa. 03. Dezember 2011 13:25:10


Hallo Hans-Jürgen,

auch von mir Danke, ich sehe jetzt meine Fliesen mit anderen Augen.

Juergen


Re: Nichtperiodische Parkette und Kristalle
von
beatles01 am Sa. 03. Dezember 2011 15:36:23


Sehr schöner Artikel!
Die Symmetriachsen im letzten Bild kannte ich auch noch nicht, danke dafür.


Re: Nichtperiodische Parkette und Kristalle
von
PhysikRabe am Sa. 03. Dezember 2011 16:04:17


Toller Artikel, vielen Dank! Ich hab mich viel mit Kristallen beschäftigt, und sehe diesen Artikel als Ergänzung meines Wissens.
Danke!


Re: Nichtperiodische Parkette und Kristalle
von
Wally am So. 04. Dezember 2011 14:17:44 http://silber-ruecken.de/ghhp/Peter


Wer's mal live sehen will, kann nach Dortmund kommen.

Der Fussboden des Audimax-Vorraums hat so eine Pflasterung (und Penrose himself ist schon mal drübergegangen).

Wally


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