Über Symbolsprache

Nicht nur in der Bibel wird an vielen Stellen bildhaft gesprochen, sondern dies ist ebenso in unserem Alltag der Fall.

So heißt es zum Beispiel, dass jemand einen anderen Menschen "abgrundtief" verachtet oder hasst und dass sich manche Dinge "von einer höheren Warte aus" betrachten lassen. (Dabei ist "Warte" ein altes, sonst kaum mehr verwendetes Wort für einen Aussichts- oder Beobachtungsturm, etwa an einer Burg.) Und oft hört und liest man, dass ein bestimmtes Problem "auf einer anderen Ebene" liege. Wer sich "gewählt" ausdrücken möchte, redet gern über "Wendepunkte" einer Entwicklung und über "Quantensprünge" – oftmals sachlich falsch, vgl. hier und hier.

Wenn Weinkenner von einem "edlen Tropfen" reden, ist das nicht wörtlich zu nehmen, denn sie meinen natürlich den Inhalt eines Glases oder einer ganzen Flasche. Ebenso nur symbolisch ist es gemeint, wenn man "dem Tod ins Auge sieht". Manche Menschen, die sich nicht getrauen, das Word "Tod" auszusprechen, sagen etwas respektlos, dass sie wohl bald "den Löffel abgeben müssen". Und wenn jemand einen anderen "ins offene Messer laufen" lässt, bedeutet das nicht, dass er ihn gleich umbringen will.

Bisweilen hört oder liest man, dass ein Mann oder eine Frau "Feuer im Blut" habe, und wenn zwischen Regierungen verschiedener Länder infolge gegenseitiger Abneigung "Funkstille" besteht, ist in den Zeitungen von "Eiszeit" die Rede. Geht es wieder besser mit ihnen, herrscht "Tauwetter".

Symbolsprache ist zeitlich, örtlich und personell begrenzt und bedarf des öfteren der Erklärung und Interpretation, nicht nur beim Abendmahl, das den Ausgangspunkt dieser Betrachtung bildet.

Ein Kind, das noch nie die unter Erwachsenen übliche Bedeutung von "Auf-den-Arm-Nehmen" kennen gelernt hat, wird diese Ausdrucksweise missverstehen und sie für etwas Angenehmes halten. Und ein Ausländer, der zu wenig mit den Feinheiten der deutschen Sprache vertraut ist, kann sich nicht das Richtige vorstellen, wenn davon die Rede ist, dass zwei miteinander "ein Hühnchen zu rupfen" haben; ebenso ist es, wenn jemand sagt, ein anderer sei "auf den Hund gekommen". Weitgehend unbekannt, woher sie stammt, und trotzdem noch oft in Gebrauch ist die Redensart "auf dem Holzwege sein".

Manche bildhaften Ausdrücke sterben im Laufe der Zeit aus wie etwa "Drahtesel" für Fahrrad und "Dampfross" für Lokomotive; anderes kommt neu hinzu. So liest man bisweilen in Mathematikforen des Internet, wenn es um eine zu lösende Aufgabe geht, dass jemand von sich sagt, er stehe "auf dem Schlauch". Dahinter steckt die Vorstellung eines im Garten auf dem Rasen liegenden Schlauches, aus dem Wasser spritzt. Tritt man auf ihn, hört das auf.

Damit möchte ich diese noch sehr lückenhafte Aufzählung beenden; sonst denkt womöglich jemand bei weiteren Beispielen: "Bleib' mir bloß damit vom Acker!"

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