Predigt von Pastorin Miriam van der Staaij am 15.11.2020 in Henstedt-Rhen über Lukas 16,1-8(9)

 

Das ist eine ja eine ziemlich merkwürdige Geschichte, die Jesus da im Evangelium erzählt.

 

Ja man mag fast gar nicht mehr 

‚Evangelium’ oder ‚Frohe Botschaft’ dazu sagen.

 

Es ist eher eine anstößige Geschichte.

 

Wir sind ja gewohnt, dass Jesus, wenn er ein Gleichnis erzählt, die Bilder immer aus dem vollen Leben nimmt.

 

Aber dass er ausgerechnet so einen eklatanten Fall von Betrug

– man könnt sogar fast sagen von Wirtschaftskriminalität – ,

dass er so einen Betrüger, wie diesen Verwalter  als Beispiel nimmt: das ist doch echt ein Ding!

 

Und dann wälzt er diesen Fall von Kriminalität auch noch in allen Einzelheiten aus:

Wie der Verwalter die einzelnen Schuldner kommen lässt:

 

 „Wie viel bist du schuldig? Hundert! Setz dich hin und schreibe achtzig,“

und so weiter.

 

Und dann, das setzt allem die Krone auf:

 

Ganz am Ende, als man denkt:

jetzt bekommt der Verwalter eins drüber gezogen, jetzt wird er verurteilt,

 

da steht dann: und  „Jesus lobte die Klugheit des unehrlichen Verwalters.“

 

Das darf doch wohl nicht wahr sein! Eine anstößige Geschichte!

 

 Ich meine, eins muss man diesem Verwalter zugestehen:

Das war ein cleverer Mann.

 

Diese Cleverness, diese Klugheit zeigt sich in drei Schritten:

 

1. Sehen

 

Das erste, wo der Verwalter clever war:

Er hat haarscharf seine Situation erkannt:

 

„Ich hab meinen Herrn betrogen. Ich habe Bilanzen gefälscht – Ja- und ch muss jetzt Rechenschaft ablegen.

 

Ich habe keinerlei  Chance, gut da zustehen, wenn ich jetzt Rechenschaft ablegen muss. Ich werde abgesetzt. Die Verwaltung wird mir entzogen.

 

Da gibt es nicht dran zu deuteln, er sieht seine Situation ganz klar und eindeutig.

 

Er hängt auch kein Mäntelchen drum oder sagt: „Das machen ja alle.“

 

Er versucht auch gar nicht, den Tatbestand zu vertuschen oder sich zu entschuldigen.

 

Nein, er sieht seine Situation ganz realistisch:

Ich werde als Verwalter abgesetzt.

 

2. Urteilen

 

Der unehrliche Verwalter ist in einer zweiten Weise unheimlich clever:

 

Er zieht sofort praktische Schlüsse aus seiner Situation. ‚Wenn ich jetzt als Verwalter abgesetzt werde – irgendwo muss ich ja bleiben.

 

Was soll ich dann für den Rest meines Lebens machen?

 

Schwere Arbeit - dazu tauge ich nicht, da hab ich nichts gelernt.

Betteln - dazu schäme ich mich.’

 

Und dann kommt ihm die Idee: Ich muss mir Freunde machen, die mich aufnehmen.

 

Er zieht sofort praktische Konsequenzen aus seiner Lage.

 

„Ich muss mir Freunde machen, Komplizen machen‘ könnte man sagen,

 die ich dann in der Hand habe, die mich aufnehmen.  -  Clever!

 

 3. Handeln

 

Und noch in einer dritten Weise ist dieser Verwalter clever:

 

Er überlegt nicht nur und denkt nicht nur über seine Situation nach

- er bleibt also nicht beim 2. Schritt stehen-,

 

sondern er setzt seine Überlegungen sofort in die Tat um. Er handelt

 

Er weiß ganz genau:

 

Wenn ich nicht sofort handle - morgen kann es zu spät sein.

 

Und dann ruft er sofort die einzelnen Schuldner zusammen:

 

„Was bist du meinem Herrn schuldig? Hundert Sack Weizen!

Schreib achtzig! usw.

 

Sofort zieht er Konsequenzen und handelt auch danach.

 

Und Jesus lobt diesen Verbrecher auch noch!

 

Jesus verschweigt nicht, dass dieser Verwalter untreu und unehrlich gehandelt hat – aber trotzdem hält er ihn den Jüngern als Vorbild hin:

 

Und der Herr lobte den untreuen Verwalter, weil er klug gehandelt hatte; denn die Kinder dieser Welt sind unter ihres gleichen klüger als die Kinder des Lichts.

 

Dieser Hallodri als Vorbild … wofür soll der uns bitteschön ein Vorbild sein?

 

Die Klugheit dieses Verwalters, von der Jesus spricht,

zeigt sich im grundsätzlichen Umgang mit seiner aktuellen Situation,

 

Er erkennt, dass er sich in einer Sackgasse befindet

 

Es gibt ja öfter Situationen, in denen auch wir in Sackgassen geraten. Es wird klar: So, wie bisher geht es nicht mehr weiter. Irgendwo da vorne ist Schluss.

 

Manchmal erleben wir das in einer beruflichen Situation...

Manchmal auch in einer Beziehung

 

Oder in einer anderen Situation, wo wir erkennen:

 

So geht es nicht weiter- Es muss etwas geschehen!

 

Sackgassen leugnen zu wollen- die Augen vor ihnen zu verschließen

und zu hoffen- es wird schon irgendwie alles gutgehen – das hilft nicht weiter –

 

im Gegenteil- es kann zu unterschiedlichen Dramen führen.

 

Lehrer am Gymnasium erleben immer wieder, dass sich ein völlig überforderter Schüler von Jahrgangsstufe zu Jahrgangsstufe quält.

 

Er ist dieser Schulart eigentlich nicht gewachsen, und doch muss er durch, weil die Eltern es gut meinen, und ihm alle Lebenschancen eröffnen wollen.

 

So bleibt er im einen Jahr sitzen, im nächsten Jahr wird ein Antrag an die Schule gestellt, dass er trotz seiner zwei Fünfer doch noch auf Probe vorrücken darf.

 

Immer der Schlechteste in der Klasse,

mehr und mehr zerbröckelt sein Selbstwertgefühl.

 

Und die Frage, ob er vielleicht nicht eher auf einer anderen Schule besser aufgehoben wäre- wird nicht – darf nicht gedacht werden. - Schlimm

 

Sackgassen erkennen und rechtzeitig neue Wege gehen – weil man eben am Ende der Sackgasse mit dem Kopf eben nicht durch die Wand kommt.

Und der Herr lobte den untreuen Verwalter, weil er klug gehandelt hatte.

 

Wir könnten jetzt viele andere menschliche, politische oder ökologische Sackgassen anschauen – aber eine schlägt sie alle:

Die Sackgasse unserer menschlichen Endlichkeit.

 

Irgendwann ist unser Leben zu Ende.

 

Und damit bin ich auch wieder beim Gleichnis von dem ungerechten Verwalter und bei den drei Punkten: 

 

1. Sehen  2. Urteilen  3. Handeln

 

1. Sehen

 

Jeder Mensch, sagt das Neue Testament,

muss einmal vor Gott Rechenschaft ablegen.

 

Und dann werden die Bilanzen geprüft.

Und dann wird genau nachgeschaut, was Sache ist.

 

Und es ist genau so eindeutig im Neuen Testament, dass keiner von uns bei dem Rechenschaftsbericht sagen kann: Meine Bilanzen sind in Ordnung.

 

Paulus schreibt (im dritten Kapitel des Römerbriefes):

Alle haben gesündigt und haben die Herrlichkeit vor Gott verloren.          Alle!  

 

Wenn die zehn Gebote gelten – und die gelten wirklich! – ,

dann hat keiner von uns eine Chance, durchzukommen.

 

Ja, das Neue Testament sagt ganz eindeutig:

 

Wenn der Mensch Rechenschaft ablegen muss,

 ist er verloren und hat keine Chance.

 

Und Jesus erzählt dieses Gleichnis heute, damit wir aufgefordert werden:

 

Mensch, häng nicht ein Mäntelchen um deine Schuld;

versuch nicht die Schuld zu vertuschen.

 

Erkenne deine Lage, die du vor Gott hast, ganz realistisch an und sag nicht: ‚

Das machen die anderen ja auch alle. Irgendwie wird Gott schon nicht so sein.’    

 

Das ist der eine Punkt: Sieh deine Situation an und erkenne, wie sie ist.

 

2. Urteilen-

 

 Der Verwalter zieht sofort Konsequenzen:

 

Er hat mit viel Geld gearbeitet. Jetzt wird er bald  keines mehr haben.

Sein Besitz rettet ihn nicht. Das erkennt er.

 

Er disponiert um und fasst den Entschluss:

 ‚Ich muss mir Freunde schaffen.’

 

Und auch hier gilt:

 

Zieh‘   aus Deiner Lage vor Gott die richtigen Konsequenzen und sag nicht:

 

Irgendwie komm ich da schon raus.

 

Sieh vielmehr zu, dass Du Dir den Einen zum Freund machst, den Gott Dir anbietet, nämlich Jesus Christus.

 

Bei Jesus  gibt es eine Lösung,

 

eine Erlösung, auch für die, die verloren sind, die beim Prüfungsgericht Gottes nicht bestehen können.

 

 Sieh zu, dass Du Dir den Einen zum Freund, zum Erlöser erwählst.

 

Und wenn dann Deine und meine Bilanzen geprüft werden, und alles vorne und hinten nicht stimmt, dann lasst uns daran denken:

 

Dieser Eine hat für Dich / für mich bezahlt. Die Sache ist erledigt.

 

3. Handeln-

 

Und das dritte, wo dieser Verwalter klug war:

 

Er hat sofort gehandelt.

 

Es lohnt sich nicht, lange darüber zu diskutieren: was wäre wenn ...?

 

In unserer Zeit wird so viel geredet und auch zerredet.

 

Wenn Deine und meine Bilanz nicht in Ordnung ist,

dann ziehen wir heute Konsequenzen und handeln heute.

 

Wisst ihr, welches das liebste Möbelstück des Teufels ist?

 

Das ist die ‚lange Bank’, wo man alles auf die lange Bank schiebt.

 

„Ich muss das heute nicht erledigen;

Ich kann das auch später noch mit Jesus klären.

 

Und wenn ich später am Rollator fahre kann ich immer noch meine Sünden bekennen und meine Sache in Ordnung bringen“.

 

Aber Du und ich – wir wissen doch gar nicht, wann wir Rechenschaft ablegen müssen, ob wir dann noch die Gelegenheit dazu haben.

 

Lernen wir von diesem Verwalter.

Es geht darum, sofort Konsequenzen zu ziehen.

 

Eine anstößige Geschichte. Sie ist anstößig im ganz buchstäblichen Sinn.

Sie will bei uns etwa anstoßen.

 

Sie will uns aufrütteln, dass wir nicht im alten Trott gedankenlos weiterleben, wie es viele heute tun. Jesus will bewusst anstößig sein.   

 

Nehmen wir diese drei Punkte mit nach Hause:

 

Sehen – Urteilen – Handeln S – U – H

 

Das möchte Jesus von uns. Amen


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