Auswahl einzelner Stellungnahmen zum Tode von Papst Johannes Paul II. aus der Original-Internetveröffentlichung des Adventistischen Pressedienstes APD, zum Teil gekürzt1)

 

Österreich: Evangelischer Bischof zum Tod von Papst Johannes Paul II.

Wien/Österreich, 02.04.2005 / epd-ö

 

Als einen „großen Brückenbauer“ und ein „herausragendes Beispiel für die Nachfolge Jesu Christi“ hat der evangelisch-lutherische Bischof Mag. Herwig Sturm den verstorbenen Papst Johannes Paul II. gewürdigt.

Die am 2. April veröffentlichte Stellungnahme hat folgenden Wortlaut:


"Zum Tod von Papst Johannes Paul II. drücke ich den katholischen Mitchristen die tiefe Anteilnahme der Evangelischen Kirche in Österreich aus.

Papst Johannes Paul II. war eine faszinierende Persönlichkeit und ein herausragendes Beispiel für die Nachfolge Jesu Christi mit allen Kräften des Verstandes, der Seele und mit letztem körperlichen Einsatz. Wir gedenken seiner mit hohem Respekt, mit Dank an Gott für diesen bedeutsamen Menschen und im Glauben an die Überwindung des Todes in der Auferstehung Jesu Christi.

Mit seinem Leben und Wirken war er der weltweit bekannteste Christ.
Sein Eintreten für den Schutz jedes Lebens und gegen den Krieg im Irak war ein Zeugnis, durch das sich auch nichtkatholische Christen vertreten wissen.

Die Bedeutung Papst Johannes Paul II. für die Beseitigung des Eisernen Vorhanges und die Einigung Europas wird in die Geschichte eingehen. Sein Bekenntnis der Schuld und die Bitte um Vergebung für Irrtümer und Versäumnisse der katholischen Kirche, vor allem gegenüber den Juden, war ein großer Schritt zur Versöhnung. Das interreligiöse Gebet in Assisi und die Gesprächsbereitschaft im ökumenischen und interreligiösen Dialog hat Barrieren überwunden und Räume der Begegnung geöffnet.

Persönlich erinnere ich mich noch gut an den Gottesdienst, den der Papst im Kreise von Vertretern der Ökumene in der evangelischen Christuskirche in Salzburg 1988 gefeiert hat, und an die persönliche Begegnung anlässlich des dritten Papstbesuches in Österreich im Salzburger Dom 1998. Für die Beziehung zwischen Lutheranern und Katholiken wird die Unterschrift unter die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre, die in der Amtszeit dieses Papstes am Reformationstag 1999 in festlichem Rahmen geleistet wurde, unvergesslich und wegweisend bleiben.

Papst Johannes Paul II. hat die Bitte Jesu, dass alle eins seien, immer wieder angesprochen und eine ehrliche Sehnsucht nach Einheit unter allen Christen vermittelt. Die Umsetzung in konkrete Schritte hat er nicht vollzogen.

Dieser Papst war mit seinem Leben und Wirken ein großer Brückenbauer. Nach seinen eigenen Worten war er durch sein Amt zugleich das größte Hindernis für die Einheit der Christen.
Als evangelische Christen sehen wir den Willen Christi mehr in der konziliaren Gemeinschaft der Kirchen als in der hierarchischen Gestalt einer Kirche verwirklicht. Für die ganze Christenheit war Johannes Paul II. aber ein unbeirrbarer, herausfordernder und zugleich weitherziger und liebenswerter Papst.“

 

Bischof Mag. Herwig Sturm

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Erklärung des Generalsekretärs des Lutherischen Weltbundes, Pfr. Dr. Ishmael Noko, anlässlich des Todes von Papst Johannes Paul II. (nur Anfang)

 

Mit dem Tod von Papst Johannes Paul II. geht nicht nur das Leben eines wahrhaft aussergewöhnlichen Menschen zu Ende, sondern auch ein höchst bedeutsames Pontifikat der römisch-katholischen Kirche, das mit einer entscheidenden Phase der Menschheitsgeschichte zusammenfiel.

Johannes Paul II. wurde zu einer Zeit zum Papst gewählt, als noch niemand die Stabilität der kommunistischen Systeme Osteuropas in Zweifel zog. Mit seiner Rolle bei den Veränderungen, die schliesslich zum Fall des Eisernen Vorhangs und zur Öffnung der Grenzen in Europa führten, leistete er einen bedeutenden Beitrag zur Geschichte dieser Region und der Welt.

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Erklärung des EKD-Vorsitzenden zum Tod Papst Johannes Pauls II.

Hannover/Deutschland, 02.04.2005 / EKD

 

"Mit Papst Johannes Paul II. hat die Welt einen eindrücklichen Zeugen des Evangeliums verloren", erklärte der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, in einer ersten Reaktion auf den Tod des Kirchenoberhauptes am 2. April. Johannes Paul II. werde als einer der bedeutendsten Päpste in die Kirchengeschichte eingehen. Unter seinem ungewöhnlich langen Pontifikat habe die römisch-katholische Kirche weltweit an öffentlicher Präsenz und Ansehen gewonnen. Huber würdigte die charismatische Persönlichkeit des Papstes. "Seine Menschlichkeit und seine Frömmigkeit haben den Papst aus Polen zu einem bedeutenden geistlichen Führer und einer moralischen Instanz gemacht." Johannes Paul II. habe dem Papsttum über die Grenzen der katholischen Kirche hinaus eine außerordentliche Popularität verschafft. Dankbar erinnere sich der Ratsvorsitzende an die persönlichen Begegnungen mit dem Papst, zuletzt bei einer Privataudienz im August 2004 in Castel Gandolfo. "Die Evangelische Kirche in Deutschland trauert mit ihren katholischen Brüdern und Schwestern um Papst Johannes Paul II. Durch seinen Tod ist die Welt ärmer geworden, sie hat einen großen Menschen verloren. Gott schenke seiner Seele Frieden in der Freiheit von allem körperlichen Leid."

 

Hannover, den 2. April 2005

 

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Erklärung der Schweizer Bischofskonferenz (SBK) zum Tod von Papst Johannes Paul II.

Freiburg im Uechtland/Schweiz, 02.04.2005 / SBK

 

Heute, am 2. April 2005, ist unser Heiliger Vater, Papst Johannes Paul II., im Alter von 84 Jahren in die ewige Heimat gerufen worden.

Die Schweizer Bischofskonferenz, zusammen mit den Katholiken und Katholikinnen in der Schweiz und der ganzen Welt, ist tief betrübt über den Tod des Heiligen Vaters. Wir sind überaus dankbar für den Dienst, den Papst Johannes Paul II. der Kirche und der Welt in über 25 Jahren erwiesen hat und sind überzeugt, dass im Wirken von Papst Johannes Paul II. Gottes Segen für die ganze Welt spürbar geworden ist. Sein Einsatz auf der Bühne der Weltpolitik hat wesentlich zum endgültigen Verschwinden des eisernen Vorhangs und zu einer Versöhnung von einst verfeindeten Mächten geführt. Sein unbeirrbares Einstehen, ja seine mahnenden Worte und sein persönliches Beispiel zur Verwirklichung des Friedens unter den Volkern und Religionen gaben diesem Pontifikat eine weltgeschichtliche Bedeutung.

Papst Johannes Paul II. hatte während seines Pontifikates das unermüdlich umgesetzt, was er bei seiner Antrittsrede als Programm für die Kirche erklärte: "Habt keine Angst! Öffnet, ja reisst die Tore weit auf für Christus! Öffnet die Grenzen der Staaten, die wirtschaftlichen und politischen Systeme, die weiten Bereiche der Kultur, der Zivilisation und des Fortschritts seiner rettenden Macht! Habt keine Angst! Christus weiss, was im Herzen des Menschen ist."

Papst Johannes Paul II. war ein Begleiter und Anwalt der Armen. Sein Vertrauen in die Jugend hat die Herzen der Menschen angesteckt und es liess keinen unberührt, wenn er ihr immer wieder zurief: "Ihr seid die Hoffnung der Kirche und der Welt. Ihr seid meine Hoffnung". Unermüdlich setzte er sich auch für die Familien ein, in denen er eines der wertvollsten Güter der Menschheit sah, aber auch eines der am meisten bedrohten. Stets hielt er an der Pflicht der Kirche fest, sich mit dem auseinanderzusetzen, was der wirtschaftliche, politische, kulturelle und soziale Alltag fordert. Er war sich bewusst, dass eine rasch sich wandelnde Welt ethische Wegweiser braucht, und er fand die Antworten auf dieses Bedürfnis in der Wahrheit und in der Liebe Christi für alle Menschen. Er hatte den Mut, die Fehler von Verantwortlichen der Kirche in der Vergangenheit einzugestehen und für begangenes Unrecht um Verzeihung zu bitten. Es lag ihm am Herzen, auch mit anders denkenden Menschen im Gespräch zu sein, ihre Auffassungen zu respektieren und ernst zu nehmen. Die Einheit der christlichen Kirchen und das grundlegende Recht auf Religionsfreiheit waren zeit seines Pontifikates eines seiner wichtigsten Anliegen. Trotz aller Schwierigkeiten ziehen sich seine Bemühungen für die Ökumene wie ein roter Faden durch sein Wirken. Immer forderte er die innere Erneuerung der Kirche, die Umkehr im Glauben und das unmissverständliche Zeugnis für die Liebe Gottes in unserer Welt.

Auch wir, die Schweizer Bischöfen, sind dem Papst dankbar für sein persönliches Zeugnis, seine Liebe zur Kirche und seinen Mut, zum Wohl des Einzelnen und der Gesellschaft für die Wahrheit einzustehen. Dazu gehörte ganz besonders sein prophetischer Einsatz für die Wahrung der Würde des menschlichen Lebens.

Wir möchten alle Pfarreien und alle Gläubigen in der Schweiz dazu aufrufen, in Gebet und Gottesdienst des verstorbenen Dieners des Herrn, unseres Heiligen Vaters Papst Johannes Pauls II., zu gedenken und für ihn zu beten.

 

Freiburg, 2. April 2005

 

Die Schweizer Bischofskonferenz (SBK)

 

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Der Ökumenische Rat der Kirchen zum Tod von Papst Johannes Paul II.

 

Genf/Schweiz, 02.04.2005 / ÖRK

 

PAPST JOHANNES PAUL II.:
HERAUSRAGENDE PERSÖNLICHKEIT DES MODERNEN CHRISTENTUMS,
EINER DER MUTIGSTEN GEISTIGEN FÜHRER UNSERER ZEIT

Nachdem der Heilige Stuhl heute den Tod Seiner Heiligkeit Papst Johannes Paul II. bekanntgegeben hat, erklärt der Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), Pastor Dr. Samuel Kobia, mit dem Ausdruck tiefer Anteilnahme:

"Seine Heiligkeit, Papst Johannes Paul II., wird uns als einer der mutigsten geistlichen Führer unserer Zeit in Erinnerung bleiben. Seinen Mut brachte er in seiner Krankheit genauso wie in der Ausübung seines Amtes, in seinen Schriften wie auch in seinen Verlautbarungen zum Ausdruck. In der einen ökumenischen Bewegung bekannte er sich immer wieder zum tiefen und unumkehrbaren Engagement der römisch-katholischen Kirche für die Ökumene. In seiner Antwort auf die Herausforderungen, mit denen die Kirche in der Welt konfrontiert ist, eröffnete er den Dialog mit anderen religiösen Traditionen und setzte sich unermüdlich für Fragen sozialer Gerechtigkeit wie auch für moralisch-ethische Werte ein. Als Afrikaner erinnere ich daran, welche große Bedeutung er der Afrika-Synode beigemessen hat und wie sehr er sich seelsorgerlich mit den Völkern Afrikas identifiziert hat."

Das Beileid wird geteilt vom Vorsitzenden des ÖRK-Zentralausschusses, Katholikos Aram I., der betont:

"Seine Heiligkeit, Papst Johannes Paul II., wird als eine herausragende Persönlichkeit der modernen Geschichte des Weltchristentums im Gedächtnis bleiben. Mit unermüdlichem Engagement hat er sich dafür eingesetzt, das Evangelium Christi im Leben der Menschen lebendig werden zu lassen. Sein prophetisches Zeugnis lautete unbeirrt, dass menschliche Gesellschaften von moralischen Werten geleitet sein müssen. Er hat sich der Einheit der Christen zutiefst verpflichtet gefühlt. Er ist anderen Religionen mit Offenheit und einer klaren Vision von einem gemeinsamen Leben als versöhnte Gemeinschaft inmitten von Vielfalt begegnet. Er hat sich stets als Anwalt der Gerechtigkeit, der Menschenrechte und der Freiheit verstanden. All dies hat ihn zu einer außergewöhnlichen Persönlichkeit gemacht, die große Dinge erreicht hat. Als Vorsitzender des Ökumenischen Rates der Kirchen und als armenischer Katholikos von Kilikien hatte ich das Privileg, seiner Heiligkeit bei verschiedenen Anlässen zu begegnen, und die Kraft seines Glaubens, die Tiefe seiner Weisheit und die Klarheit seiner Vision kennen zu lernen."

 

Ökumenischer Rat der Kirchen (ÖRK), Genf

2, April 2005

 

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ÖRK-Generalsekretär Kobia würdigt Papst Johannes Paul II.

 

Genf/Schweiz, 03.04.2005 / ÖRK (Ausschnitt)

 

Papst Johannes Paul II. war eine der herausragendsten Persönlichkeiten der letzten Jahrzehnte, und seine Ausstrahlung ging weit über die römisch-katholische Kirche und die weltweite christliche Gemeinschaft hinaus. Während seines Pontifikats bekräftigte die römisch-katholische Kirche ihre universale Berufung und stärkte ihren inneren Zusammenhalt. Wir werden uns stets mit Dankbarkeit an das Engagement des Papstes für soziale Gerechtigkeit und Versöhnung, für die Menschenrechte und die Würde des Menschen sowie für die Einheit der Christen und für interreligiöse Verständigung erinnern.

Wir erinnern uns auch mit Freude an den Besuch des Papstes in den ersten Jahren seines Pontifikats, 1984, am Sitz des ÖRK. Während eines gemeinsamen Gottesdienstes in der Kapelle des Ökumenischen Zentrums beteten wir zusammen für die volle Gemeinschaft unter den Christen. Johannes Paul II. folgte nicht nur in den Fußstapfen seines Vorgängers Paul VI., der den ÖRK 1969 besucht hatte, sondern er sah in seinem Besuch auch einen Ausdruck seines persönlichen Engagements für die eine ökumenische Bewegung.

Karol Wojtyla, am 18. Mai 1920 in Wadowice (Polen) geboren, wurde 1978 zum Papst gewählt. Zeit seines Pontifikats hat er sich um Zusammenhalt und Kohärenz in der römisch-katholischen Kirche bemüht – durch seine zahlreichen Reisen, die Besuche der Bischöfe in Rom (visitatio liminum), durch sein eindrucksvolles Schriftwerk sowie durch die bewusste Inanspruchnahme kirchlicher Strukturen (z.B. der Bischofssynoden).

In der ersten Hälfte seines Pontifikats beschäftigte Johannes Paul II. besonders die Lage der Menschen, die unter kommunistischer Herrschaft lebten. Mit einer Kombination aus stiller Diplomatie und nachdrücklicher Verurteilung entwickelte er eine kirchliche und politische Ostpolitik und stärkte damit die, die sich gegen die marxistische Ideologie auflehnten, insbesondere in seiner Heimat Polen. In dieser Zeit stellte die bewusste Betonung der Menschenrechte (insbesondere in Redemptor Hominis) und der Religionsfreiheit eine solide Grundlage für die Herausforderung der marxistischen Ideologie und kommunistischen Praxis dar.

In der zweiten Hälfte seines Pontifikats setzte sich Johannes Paul II. mit den vorherrschenden Werten der westlichen Kultur auseinander, stellte die seiner Meinung nach zu nachgiebigen Tendenzen in der menschlichen Sexualität in Frage und bekräftigte eine "Kultur des Lebens" gegenüber einer "Kultur des Todes". Das kam ganz besonders in den verschiedenen Sozialenzykliken zum Ausdruck, die während seiner Amtszeit veröffentlicht wurden – Laborem Exercens, Solicitudo Rei Socialis und Centesimus Annus. Mit dieser Neubekräftigung und Weiterentwicklung des römisch-katholischen Sozialdenkens gelang es ihm, einen Dialog über geeignete Strukturen und Grundlagen für das Leben des Menschen in der Gesellschaft in Gang zu setzen.

 

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idea-Kommentar: Ist die ganze Welt katholisch geworden?

 

Wetzlar/Deutschland, 06.04.2005 / idea D

 

Zu den Reaktionen auf Sterben und Tod von Johannes Paul II.

 

Nie wurde wohl in Deutschland dem Sterben eines Kirchenführers eine so große Anteilnahme zuteil wie bei Papst Johannes Paul II. Medien, die sonst nichts von einem Jenseits, geschweige denn von Gott wissen wollen, titelten jetzt über den Papst: „Der Unsterbliche“ (so der „Spiegel“). Blätter wie BILD, die sonst auf so gut wie jeder Seite gegen Weisungen des Papstes verstoßen, schreiben plötzlich, er sei eine „moralische Autorität“ gewesen.

Ja, BILD meint sogar zu wissen, wie der Papst in den Himmel kam: Maria selbst habe ihn „in der Falte ihres Mantels zu Gott getragen“. Und der Bundeskanzler, der mit seiner Politik bei ethischen Entscheidungen mit so gut wie allem gegen das steht, was der Papst forderte, erklärt jetzt, die Welt sei durch den Tod des Papstes „ärmer“ geworden. Was für eine Schizophrenie!

Evangelische Anbiederung?

Eine derartige Ehrbezeugung ist einem Protestanten jedenfalls noch nie zuteil geworden. Der Tod höchster evangelischer Repräsentanten wäre der „Tagesschau“ bestenfalls die 28. Meldung wert. Und während der Weltkirchenrat öffentlich gar nicht mehr zu existieren scheint, hat man – verfolgt man die Massenmedien – das Gefühl, die ganze Welt sei katholisch. „Rom“ braucht auch gar nicht mehr seine Lehre vom Papst als „Stellvertreter Christi“ zu verteidigen. Selbst atheistische, linke Blätter haben das Wirken von Johannes Paul II. in einer Weise beschrieben, als ob es sich tatsächlich um einen überirdischen Menschen gehandelt habe. Dazu haben freilich auch evangelische Bischöfe beigetragen. Das Höchste, was ihnen widerfahren konnte (so wird von einigen freimütig bekannt), sei ein Besuch beim Papst gewesen. Gerade das berührt merkwürdig, denn die katholische Kirche erkennt die evangelische Ordination – und damit ihr Amt – gar nicht an. Selbst freikirchliche Repräsentanten redeten den Papst mit „Heiliger Vater“ an. Nie wurde also dem Papstamt nach der Reformation so viel Ehre erwiesen wie jüngst.

"Mit Freude in Marias Hände"

Dabei ist der Papst katholisch geblieben. So waren, laut seinem Sekretär, seine letzten Gedanken: „Ich gebe mich völlig mit Freude in die Hände der Jungfrau Maria.“ In seinem im letzten Jahr erschienenen Buch schrieb er, daß er auch den Mann Marias, Josef, um Hilfe angerufen habe. Für Martin Luther war beides „antichristlich“. Doch die Faszination dieses Papstes ist so groß gewesen, daß kein evangelischer Bischof dagegen mehr Einspruch erhob. Die Reformation ist eben fast 500 Jahre her.

Was wir vom Papst lernen können

Dabei könnten evangelische Christen und besonders ihre leitenden Repräsentanten tatsächlich eine Menge von diesem Papst lernen, denn auf ethischem Gebiet stand er in vorbildlicher, nachzufolgender Weise auf biblischem Boden, wenn er eindeutig Abtreibung, praktizierte Homosexualität und Sterbehilfe ablehnte. Und das größte aller Phänomene bei diesem Papst dürfte wohl sein, daß gerade er, der sich selbst gegen Kondome und außereheliche Sexualität wandte, also alles, was quasi mittlerweile selbstverständlich scheint, von zahllosen Jugendlichen bejubelt wurde und jetzt von Massenmedien als fast göttliche Instanz geehrt wird. Könnte es sein, daß dahinter eine tiefe Sehnsucht nach klarer, hammerharter Orientierung steckt – oder zumindest nach Überzeugungen, an denen man sich reiben kann? Daß man deshalb im tiefsten den Papst bewundert? Auch wenn man meinte, ihn jahrelang öffentlich kritisieren zu müssen? Zeitgeistsurfer sind eben nur einen winzigen Augenblick gefragt, um danach verachtet zu werden. Von den evangelischen Kirchenführern jedenfalls, die den Papst in Sachen Abtreibung als rückständig belächelten, redet jedenfalls niemand mehr.

 

Helmut Matthies. Chefredakteur und idea-Leiter

 

(C) Evangelische Nachrichtenagentur idea e. V.

 

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1) Zitat vom Ende der Seite http://www.stanet.ch/apd/news/636.html#art3548:

Adventistischer Pressedienst (APD)
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