Kinder Gottes

Ein junger Mathematiker schrieb mir in einem öfter besuchten Internetforum privat etwas zum "Intelligent Design". Diese Denkrichtung steht im Gegensatz zur atheistischen Evolutionstheorie und geht davon aus, dass Gott die Welt schuf. Da der Betreffende, anders als sonst üblich, mich mit "Sie" anredete (aus "Respekt" vor meinem wesentlich höheren Alter), schlug ich ihm vor, dass wir uns duzen. Ich verband es mit der Bemerkung, dass wir Menschen Gottes Kinder sind (und nicht nur seine Geschöpfe, wie er schrieb). Dadurch seien wir "Geschwister im Herrn", und das "Du" würde dazu gut passen.

Dass wir Gottes Kinder sind, sagt die Bibel, zum Beispiel in Römer8, 14-17.

Nun kann man fragen: wenn dies der Fall ist, warum macht Gott vielen Menschen das Leben schwer? Warum lässt Er sie so leiden? Dazu habe ich mir das Folgendes überlegt (es ist aber nichts Neues):

Es gibt zwei Arten von Leid: zum einen, dasjenige, das von Naturkatastrophen (Erdbeben, Wirbelstürmen, Flutwellen, anhaltenden Regenfällen, aber auch Dürren sowie Epidemien) herrührt, und zum andern Leid, das von Menschen bewirkt wird.

Die erste Art beruht auf den Naturgesetzen. Sie wurden von Gott geschaffen und gelten universell. Auf ihnen beruht alles Leben und vieles mehr, das der Mensch durch ihre Erkenntnis und Anwendung für sich nutzbar macht. Es ist nicht angebracht, Gott für sie anzuklagen und Ihm Vorwürfe zu machen. Auch die tödlichen Mikroorganismen, welche Seuchen zur Folge haben, sind Lebewesen, die sich zu erhalten und auszubreiten suchen. Dass Gott sie dabei aufhält und sie von Sich aus vernichtet, können wir nicht gut verlangen; das wäre der Wunsch nach teilweiser Außerkraftsetzung von Naturgesetzen nach unserem Willen.1 (Gott gab aber Ärzten und Forschern geistige und materielle Möglichkeiten, uns gegen jene zur Wehr zu setzen, damit wir nicht gänzlich ausgerottet werden.)
1Wenn Gott die Naturgesetze zeitweise nach Seinem Willen außer Kraft setzt, führt das zu von der Bibel beschriebenen Wundern.

Die zweite Art von Leid lässt, oder besser gesagt, ließe sich verringern, wenn mehr dafür verantwortliche Menschen anders denken, empfinden und handeln würden, als sie es wirklich tun. Kaiser und Könige, Diktatoren und Parteiführer gehören dazu, auch ehrgeizige Feldherren und bezahlte oder aus Abenteuerlust ihnen folgende Kämpfer, denen ein Menschenleben nichts bedeutet. Sklavenhalter, Bordellbetreiber und Ausbeuter aller Art, auch neiderfüllte, gehässige Nachbarn und Berufskollegen sind ebenso gemeint.

Und wenn man bedenkt: sie alle, wie auch ich, waren einst Kinder!

Wer selber welche hat, vielleicht auch noch Enkel, kann beobachten, wie breit das Verhaltensspektrum von Kindern ist: es gibt schüchterne und lebhafte, gutmütige und aggressive, faire, hilfsbereite und mitleidige Kinder, aber auch rücksichtslose und grausame, die Freude daran haben, andere zu quälen und zu misshandeln. Viele Kinder sind einsichtig und vertrauensvoll, wenn man ihnen etwas, das nicht gut für sie ist, verbietet, und lassen sich leicht lenken. Andere dagegen sind trotzig und versuchen, ihren Willen durchzusetzen. Dafür verwenden sie ihre Stimme als "Waffe" und kreischen durchdringend so lange, bis ihre Eltern ihnen entnervt nachgeben. Manche Kinder haben Angst, andere sind mutig. Viele lachen gern, sind fröhlich, haben Phantasie und sind wissbegierig oder aber eher träge und uninteressiert. All' das ist möglich und noch mehr.

Werden aus Kindern Jugendliche und aus ihnen Erwachsene, kann es sein, dass sich einzelne Eigenschaften verstärken oder abschwächen; weitere kommen evtl. neu hinzu. Und aus dem Zusammentreffen mit anderen Menschen resultieren verschiedene Wünsche, Sympathien und gegenseitige Abneigungen, werden Triebe ausgelebt oder durch Vernunft günstig unter Kontrolle gehalten. Konflikte und Friedensschlüsse finden statt; es gibt Anpassung an andere Gruppen wie auch selbstbezogene Zurückhaltung.

Aus diesem Gemisch sowie aus Herrschen und Beherrschtwerden resultieren Kriege und anderes menschliches Unglück; oft genug ist man ihm hilflos ausgeliefert, ebenso dem Mangel an Nahrung, Wohnung und Hilfe im Krankheitsfall. Viele entbehren der gedanklichen und materiellen Freiheit, auch der Freiheit, an das zu glauben, was sie möchten oder von dem sie gehört haben.

Wir sind Kinder Gottes, das glaube ich; aber die meisten wissen es nicht oder denken zu selten daran. In unserer Zeit wird es kaum noch gelehrt. Dabei könnte es, wüssten mehr davon, manches Böse und Schlimme entschärfen, könnte es Trost und inneren Frieden vermitteln. Erziehungsfehler, schlechte Vorbilder, die sich leicht auch vererben (nicht genetisch gemeint) würden weniger schädlich sein.

Und für alles Gute, das wir von Gott erfahren, meist unbewusst, wären wir dankbar. Krankheiten, Leid und anderes, schwer zu Ertragendes ließen sich leichter relativieren und überstehen. Dies gelingt sicherlich nicht immer, doch gilt allen gläubigen Christen Jesu Verheißung des Ewigen Lebens in des Vaters Himmlischem Reich. (Johannes-Offenbarung, Kap. 21, Vers 4)

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