Hinabgestiegen ...

Nach dem Apostolischen Glaubensbekenntnis, das wir in unseren Gottesdiensten gemeinsam sprechen, ist Jesus
"hinabgestiegen in das Reich des Todes,"1 (und)
"am dritten Tage auferstanden von den Toten".

Unklar erscheint auf den ersten Blick, warum das geschah, und was es bedeutet, zumal die beiden Zeilen in einem anderen Glaubensbekenntnis fehlen.2

Eine mögliche Antwort auf diese Fragen ergibt sich aus folgendem: Jesus lebte und wirkte auf Erden außer göttlich (durch seine Wunder) wie ein Mensch. Zu Fuß zog er mit seinen Jüngern durch das Heilige Land, predigte vielen Zuhörern, war bei Freunden und Fremden zu Gast und diskutierte mit Priestern, die ihm übel wollten. Er weinte, konnte zornig werden, war mitleidig und verständnisvoll, herzte Kinder ...

Deshalb wurde damals wie bei allen anderen Menschen auch bei Jesus geglaubt, dass nach der Kreuzigung seine Seele ins Totenreich3 hinab musste. Dass sie von dort zurückkehren und er selbst sicht- und erlebbar wieder auferstehen würde, dachte kaum jemand.

Zu den Ausnahmen gehörten die ersten Christen. Sie glaubten, dass Jesus nur vorübergehend bei den Toten war, dass er den Tod überwand und besiegte und Herr über ihn ist.

Dieser Glaube, der sich bis heute gehalten hat, wird in der Bibel hier (Vers 18) und hier (Vers 14) zum Ausdruck gebracht und bildet den Hintergrund für die zitierten Zeilen im Glaubensbekenntnis. Durch den Abstieg Jesu in das Reich des Todes und seine Rückkehr zu den Lebenden sollte der Welt etwas Besonderes, Außergewöhnliches gezeigt werden, zu dem nur er als Sohn Gottes imstande war. Es gehört zum Kern des christlichen Glaubens.

Darüber, was Jesus bei seinem Besuch der Unterwelt tat, wird in der evangelischen Kirche wenig geredet. Die katholische schreibt dazu in ihrem Katechismus unter anderem, dass Jesus auch den Seelen derjenigen Verstorbenen das Heil verkündete, die vor ihm lebten. Das ist ein tröstlicher Gedanke. Was mit denen sein wird, die nach dem Heiland lebten und ebenfalls nichts von ihm hörten, wissen wir nicht. Viele wurden und werden bis heute, zum Teil gewaltsam, daran gehindert, das Evangelium kennenzulernen. Andere, die Gelegenheit dazu hätten, verzichten hochmütig darauf.

---------------------------------
1 Ältere Version (Kleiner Katechismus von Martin Luther): "niedergefahren zur Hölle".
2 im Glaubensbekenntnis von Nizäa-Konstantinopel, das im Ev. Gesangbuch ganz hinten, vor dem Apostolischen abgedruckt ist
3 Nach antiker Auffassung war das ein unterirdischer, öder, kalter und trüber Ort, an den die Seelen der Verstorbenen, ohne Kontakt zueinander und fern von Gott, freudlos und inaktiv für immer gefesselt waren. Dass sie noch darüber hinaus zu leiden hatten, glaubte man anfangs nicht. Erst im Laufe der Zeit wurden phantastische, grausame Höllenqualen hinzugedacht und in Wort und Bild verbreitet. Vielfach aus egoistischen, weltlichen Gründen als Druckmittel gebraucht, versetzten sie Gläubige oft in Angst und Schrecken. Auf dieser Internetseite heißt es dazu: "In der derzeitigen theologischen Hauptrichtung wird auch gegen die Angstdrohung einer Strafe oder Verdammung Position bezogen, weil sie nicht mit Aussagen der Bibel oder mit den Eigenschaften Gottes wie Liebe, Barmherzigkeit und Gerechtigkeit vereinbar sei."

Drei Tage und Nächte? – ausführliche, befriedigende Erklärung für einen scheinbaren Widerspruch

Zurück zur Themenübersicht, Teil 1