Was bedeutet "Erlösung"?

Dieser Begriff kommt im christlichen Glauben zum einen als Erlösung "von dem Bösen" im Vater Unser vor und zum andern als Erlösung von Sünde und Tod durch den Kreuzestod Jesu Christi. Nur um letztere geht es mir im Folgenden.

Im alten Israel wurde geglaubt, dass Gott Sünden vergibt, wenn man ihm Opfer in Gestalt von Tieren darbringt. Sie wurden rituell geschlachtet und verbrannt; mit ihrem Blut bespritzte der Priester den Altar, der dadurch "gereinigt" wurde. So heißt es in Hebr 9,22: "Und es wird fast alles mit Blut gereinigt nach dem Gesetz, und ohne dass Blut ausgegossen wird, geschieht keine Vergebung."

Jesus kannte diesen Brauch. Er schaffte ihn nicht ab1, änderte ihn aber radikal, indem er anstelle von Tierblut sein eigenes Blut am Kreuz vergoss (und davor beim Verhör des Pilatus, als ihm eine Dornenkrone aufgedrückt und er blutig gepeitscht wurde). Er wollte es so, sah darin Auftrag und Bestimmung. Er war frei von Sünde, und Sein Blut sollte die Sünden aller Menschen abwaschen, die an Ihn glauben!

Bei den Israeliten des Alten Testaments gab es auch ein unblutiges Opferritual: einmal im Jahr wurde ein unschuldiger Ziegenbock (Tiere können nicht sündigen!) symbolisch mit den Sünden des ganzen Volkes "beladen" und in die Wüste getrieben, wo er verhungerte/verdurstete oder von wilden Tieren gefressen wurde.

Jesus wird oftmals in vielen Bibelstellen und Kirchenliedern mit einem einem Lämmchen verglichen, das als Osterlamm eine große Rolle im religiösen Leben der Juden sowie später in der Christenheit spielte und noch spielt. Im Teil "Agnus Dei" der Katholischen Messe wird das "Lamm Gottes" besungen, "das die Sünde der Welt trägt". Auch sonst ist es in der christlichen Musik und der bildenden Kunst sehr verbreitet. Sowohl der "Sündenbock" wie das "Unschuldslamm" haben sich sprichwörtlich bei uns bis heute erhalten.–

"Erlösung" hat in der Bibel noch eine weitere Bedeutung als das Ablösen oder Abwaschen von etwas Unreinem, in diesem Fall der Sünde. Man konnte nämlich in der damaligen Zeit auch jemanden aus der Gefangenschaft erlösen: einen Sklaven, Kriegsgefangenen oder als Geisel in der Hand von Räubern. Um ihn frei zu bekommen, musste man ein Lösegeld bezahlen. Diesen Sinn hat Jesu unschuldig vergossenes Blut in der christlichen Religion ebenfalls.

Auch in Schuldknechtschaft konnte jemand geraten sein, und es war ebenfalls möglich, ihn durch Zahlung von Geld daraus zu befreien. Wir sind schuldig gegenüber Gott, der uns das Leben gab und Seine Gebote, die wir nicht oder zu wenig einhalten. Von dieser Schuld hat uns Jesus durch seinen freiwilligen Opfertod erlöst. Das ist christliches Dogma. In Kol2,14 lesen wir dazu: "Er hat den Schuldbrief getilgt, der mit seinen Forderungen gegen uns war, und hat ihn aufgehoben und an das Kreuz geheftet."–

Jesu Übernahme und Tilgung unserer Schuld durch den Kreuzestod wurde schon rund siebenhundert Jahre vorher vom Propheten Jeremia angekündigt: Jes53. (Dies wird in der jüdischen Religion anders interpretiert und nicht auf Jesus, sondern auf das Volk Israel bezogen.)

Nach seinem Sterben am Kreuz stieg Jesus, wie die Bibel berichtet, für zwei Tage hinab in das "Reich des Todes" und kam am dritten Tag wieder zurück zu den Lebenden. Das war Ihm als einzigem möglich. Da er auf diese Weise dem Tod entkam, heißt es, dass er auch diejenigen, die an ihn glauben, vom Tod erlöst hat. –

Der katholische Theologe und Missionar Paul H. Welte hat ein Buch mit dem Titel "Erlösung - wie und wovon?: Was Christen unter Heil verstehen" geschrieben, von dem hier eine Vorschau zu finden ist.[1]

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1 obwohl ihm vermutlich bekannt war, dass manche Propheten ihn ablehnten, vgl. Hos6,6 und Jer7,21-23
[1] Das ganze Buch, Verlag Pustet, Jan. 2012, ISBN 978-3-7917-2422-5, 192 Seiten, ist wohl nur noch antiquarisch zu bekommen, Preis ca. 14 Euro evtl. plus Porto

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